SWEDENROCK FESTIVAL - Sölvesborg - Donnerstag, 08.06.2023

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Donnerstag, 08.06.2023

LITA FORD (Festival Stage)
Letztens wurde ich gefragt, wer denn bei mir so als Poster im Jugendzimmer hing, die Dame hatte Jon Bongiovi und Joey Tempest als Teenie-Lover. Ja, ich gebe es zu, VIXEN hangen da weit oben und natürlich die frühere RUNAWAYS-Gitarristin, die man heute leider nur noch auf dem Event erleben kann. Wie schon 2009 machte Frau Ford ihre Aufwartung in Sölvesborg, der strahlende Sonnenschein passte zu ihrer Herkunft und der sonnengebräunten Haut.
Jene hatte sie in ihrem knallengen weißen Lederkostüm ganz gut versteckt, allerdings ein Paar wichtige Stellen sehr präsent in den Mittelpunkt gerückt. In einem Interview sagte sie einst, es wäre etwas seltsam für eine 29-jährige, heute macht sie mit 64 immer noch eine blendende Figur. Die machte sie nicht nur mit dem was ihr von der Natur gegeben wurde, sondern auch mit dem was ihr die Firma B.C.Rich so bereit gestellt hat.

Die feuerrote Warlock Signature zierte einst das Cover von „Dancing On the Edge“, mit dessen Opener die Dame in das Set startete. Viel war noch nicht los vor der größten Bühne, doch die Anwesenden waren passionierte Fans, die der Grande Dame des Hair Metal einen warmen Empfang bereiteten. Die hatte nicht nur ihre Klassiker im Gepäck, sondern auch Titel späteren Datums, wobei ihr selbstbetiteltes 88er Album natürlich im Mittelpunkt stand. Über die Coverversion ihrer ersten Combo muss man nicht groß diskutieren, über die der SEX PISTOLS schon, denn einige ihrer stärksten Eigenkompositionen wie „Fire In My Heart“ oder „One Shot Of Poison“ blieben außen vor.

Dazu gab es noch ausladende Jamsessions und ein Schlagzeugsolo von Bobby Rock, die viel von der Stunde Spielzeit in Anspruch nahmen. Doch die gute Lita wollte beweisen, dass sie musikalisch relevant geblieben ist und nicht nur eine Hitmaschine ist. Schade, dass sie nicht noch mehr Mut bei der Songliste hatte, das hätte ihre Kompetenz weiter untermauert. So demonstrierte sie mit ihren Mitstreitern ein enges Bandgefüge, obwohl der Schwede Mark Andersson nur für den Gig eingesprungen war. Immer wieder reihten sich die drei an den Saiteninstrumenten vorne auf, wobei Ford sich mit Patrick Kennison ein paar interessante Leadduelle lieferte.

Ihm überließ sie ebenso ein paar Solospots, bei denen er sich beweisen konnte, wie sogar ihrem jungen Viersaiter. Der größte Fokus lag allerdings auf Drummer Bobby Rock, der die ganze Sache muskelbepackt ordentlich von hinten anschob und so richtig für Druck sorgte. Als ihm die Bühne alleine gelassen wurde, bot er Kabinettstückchen wie Trinken während des konsequenten Drummings und eine mörderische Geschwindigkeit. Natürlich stellte er seinen wuchtigen Körperbau gerne zur Schau, er darf mir auch die Nummer seines Personal Trainer verraten.

Die Frontfrau hat das Rocken ebenso nicht verlernt und war sehr agil auf der Bühne und hat noch richtig Rotz in der Stimme. Spielerisch war sie schon immer unterbewertet, verfügt sie über ein gutes Feeling und Händchen für Dynamik, die gerade die poppigen Songs nicht verblassen ließen. Als Schauwert packte sie auch noch eine Doppelhals-Gitarre aus, auf welcher sie ihren größten Klassiker darbot, der von vielen mitgesungen wurde. Da hätte es die Backgroundstimme von Kennison, der die OZZY-Parts übernahm gar nicht gebraucht. Am Ende hüpfte dann alles zur Glamhymne mit, was sie mit blendender Laune zu goutieren wusste.

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Setlist LITA FORD:
Gotta Let Go
Larger Than Life
Relentless
Back To The Cave
Can´t Catch Me
Cherry Bomb
Black Leather
 
-Drumsolo-
Close My Eyes Forever
Kiss Me Deadly

Foto: Rainer Petry

U.D.O. (Festival Stage)
Die nächste Legende wartete schon beim nächsten Gig auf der großen Bühne, die dem „German Tank“ sicherlich gebührte. Seit 2014 war der deutsche Vorzeigeshouter nicht mehr auf diesem Festival, eine Tatsache, die er selbst nicht ganz nachvollziehen konnte. Somit hat das SwedenRock die Phase der DIRKSCHNEIDER-Konzerte verpasst, auf denen ausschließlich Material von ACCEPT gespielt wurde. Was aber zu verschmerzen ist, gaben doch seine alten Kollegen im letzten Jahr ihre Visitenkarte ab.
Und dieses Mal macht er es wahr, kein Song seiner glorreichen Vergangenheit schaffte es ins Set. Auf der anderen Seite hat er mittlerweile mehr Alben mit seiner eigenen Combo als sein früherer Brötchengeber insgesamt mit allen Vokalisten. Aus so einem Fundus kann man schöpfen, daher kamen Stücke zum Zuge, die es noch vor ein paar Monaten nicht ins Programm der regulären Tour geschafft hatten. Ohnehin war der erste Soloausflug ja eigentlich die Scheibe, welche 1987 von der Solinger Stahlschmiede hätte kommen sollen.

Im Gegensatz zu einigen Konzerten der jüngeren Vergangenheit war auch der Showstopper der Anfangsphase von U.D.O. wieder dabei, der nicht nur aufgrund der aktuellen Antikriegsthematik lautstark mit gesungen wurde. Wobei es das Publikum schon schwer hatte gegen die Wucht, die vor allem bei den mehrstimmigen Chören aus den riesigen Marshallwänden dröhnte. Und dann war da ja auch das bekannte Reibeisen von „Uns Udo“, der immer wieder mit Sprechchören gefeiert wurde. Sein Bewegungsradius mag heute etwas eingeschränkt sein, aber er lebt von seiner Stimme und seiner Präsenz. Auch davon, sich bei seinen höflichen Ansagen stets als Grandseigneur des Teutonen Metal zu präsentieren.

Dafür waren seine Mitstreiter umso agiler, Dee Dammers und Andrej Smirnov zockten und Posten nur so um die Wette und ließen ihre Äxte im wahrsten Sinne des Wortes kreisen. Die Riffs, messerscharf, die Soli reißerisch, dazu überall auf den Brettern unterwegs, das war einfach pure Metalenergie. Wo der Frontmann vielleicht etwas Alterserscheinungen zeigte, zeigte es sich wie gut die Wahl mit frischem Blut weiter zu ziehen war. Hinten bearbeitete sein Filius Sven die Schießbude nach allen Regeln der Kunst und feuerte obendrein das Publikum an.
Seit Neuestem gehört aber auch ein ganz alter Bekannter wieder zur Formation, nach seinem Split mit ACCEPT und Touraushilfen ist Peter Baltes endgültig festes Mitglied bei ACCEPT. Leider gab es keine Kostproben vom gemeinsamen Material, dass er und Dirkschneider in den letzten Jahren veröffentlicht haben. Dafür war der Basser die Spielfreude pur, die Locken immer noch lang, das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht zu bekommen versprühte er viel positive Power. So erntete man reichlich Fäuste im blauen Himmel und am Ende stand Baltes wild bangend auf dem Drumriser.

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Setlist U.D.O.:
Animal House
Holy Invaders
Go Back To Hel
24/7
Independence Day
The Wrong Side Of Midnight
Timebomb
The Bogeyman
Metal Never Dies
Holy
They Want War
I Give A Good As I Get
Man & Machine
One Life, One Soul

(Photos: Rainer Petry)

KAMELOT (Rock Stage)
Es ging weiter mit klassischem Metal auf der Bühne gegenüber. Dabei war die Ansage, die Band käme aus Tampa etwas veraltet, mittlerweile ist ihr Stil viel symphonischer und die Truppe international besetzt. Im Line-Up befinden sich fast so viele Deutsche wie beim Act zuvor, wobei Schlagzeuger Alex Landenburg ja eher Saarländer ist. Sänger Tommy Karevik konnte hier in seiner Heimat auftreten und unterhielt sich mit dem Publikum auf schwedisch. Stimmlich ist er ziemlich in der Nähe seines norwegischen Vorgängers, obwohl es zwei grundverschiedene Typen sind. Karevik ist sehr offen und hat einen guten Draht zum Auditorium und hatte dieses von Beginn an im Griff.

Neben seinen kraftvollen Phrasierungen unterlegte er die Dramatik der Songs immer mit den passenden Gesten, wenn er nicht gerade mit Animation beschäftigt war. Nach nun mehr als zehn Jahren wirkte er unglaublich souverän, war viel unterwegs, überzog dabei aber nie. Lange Zeit hielt er es unter einem Cape aus, das erst später in der Show fiel und eine wirklich beachtenswerte Muskulatur offenbarte und verriet wo die Kraft herkommt, die der Mann ausstrahlt. Nun musste ich auch nicht mehr den Drummer von LITA FORD nach seinem Personal Trainer fragen, da ich ja der Fellegerber hier kenne, kann er ja für mich nachhaken, bei wem er sich so stählt.

Jener ist weit gereist und füllt mit seinem Beschäftigungsfeldern bald eine ganze Seite bei Metal Archives. Sein Spiel ist sehr interessant anzuschauen, mit dem einen hochhängenden Becken, welches auch viel Einblicke bietet, da der Rest des Kits tief steht. So sorgte er für die richtige Dynamik, welche das Zusammenspiel von Thomas Youngblood und Oliver Palotai braucht, dessen Tasten gut heraus gemischt wurden.
Der Mastermind an den sechs Saiten war zwar sehr auf sein filigranes Spiel bedacht, spulte dennoch viele Meter herunter. Viersaiter Sean Tibbets sorgte mit permaneten Schüttlen seiner langen Zöpfe für das nötige Stageacting neben dem Frontmann. Der wurde gesanglich von der derzeit ebenfalls sehr umtriebigen Schweizerin Melissa Bonny unterstützt, die neben den weiblichen Vocals auch für die derben Grunts zuständig war.
Auch wenn mit „The Awakening“ ein brandneues Album am Start ist, war „Haven“ am öftesten im Programm vertreten, die wohl stärkste Scheibe mit dem aktuellen Sänger. Für die meiste Begeisterung sorgten aber die alten Sachen, auch KAMELOT sind mittlerweile in der Liga angekommen. Weiter zurück als „Karma“ 2001 ging es nicht, dafür waren die zwei Ausgewählten absolute Highlights der Karriere und wurde trotz nicht einfach er Melodien tausendfach mitgesungen.

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Setlist KAMELOT:
Veil Of Elysium
Rule The World
Insomnia
When The Lights Are Down
Opus Of The Night (Ghost Requiem)
Karma
March Of Mephisto
Forever
One More Flag In The Ground
Liar Liar (Wasteland Monarchy)

GOJIRA (Festival Stage)
Es ist schon beeindruckend wie groß diese Band mittlerweile geworden ist, waren die Franzosen als Co-Headliner für die Hauptbühne gebucht. Dem Status wurden sie vollauf gerecht, fuhren sie eine mächtigere Produktion auf als der Headliner des Tages. Hinten hin eine riesige LED-Leinwand, welche sich vor den Boxenwänden rechts und links des Drumrisers fortsetzten. Dazu Konfetti, Pyros und ganz viel Feuer, da wurde gehörig geklotzt.
Dem schloss sich auch die Musik an, die mehrheitlich vom neuen Longplayer „Fortitude“ stammte, etwa „Amazonia“ oder der Opener „Born For One Thing“. Neben dem gab es noch einige Lieder vom Vorgänger „Magma“ wie „Stranded“ und gelegentlich Älteres vom Schlage „Flying Whales“. Ega aus welcher Bandphase, es war die ungeheure Wucht, welche von der Bühne herab blies und die Norje Bucht ordentlich ins Hüpfen brachte.

Dass die band zwar ebenso viel hüpfte, sonst aber eher statisch ihre Positionen hielt lag an dem komplexen Material, das sowohl rhythmisch als auch vertrackt war und teilweise fast schon Djent-Charakter zeigte. Auf die Mischung aus hartem, thrashigen Metal und alternativem Rock musste man sich einlassen, mit der Zeit entfaltete sie eine Sogwirkung, auch die Musiker wurden zusehends bewegungsfreudiger. Jean Michel Labadie warf mehrmals sein Langholz vor Begeisterung und Energie in die Luft und traktierte es wie ein Wilder.
Sein Rhythmuspartner Mario Duplantier lieferte unglaubliche Breaks, wechselte aus Stampfen unvermittelt in die Attacke. Sein Bruder Joseph markierte den eher ruhigen Zeremonienmeister, der speziell bei den Vocals sehr variable agierte und sich gegenüber dem Publikum freundlich zurückhaltend gab. So wurden die Franzosen richtig abgefeiert, wenngleich natürlich die Lungen wieder voll Staub gezogen wurden. Aber ihre Fans mochten es eben hart und unbarmherzig, genau so wie der tighte und technische Sound über ihre Köpfe hinweg rollte.

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MYRATH (Sweden Stage)
Nun war es Zeit für die absoluten Exoten auf dem Festival, die Vorfreude stieg schon länger, obwohl oder gerade weil wir die beiden Shows beim letzten Gastspiel 2019 verpasst hatten. Damals begeisterte die Band so sehr im Zelt, dass sie zum Festivalabschluss noch einmal auf der großen Bühne ran durften und für noch mehr Staunen sorgten. Wie ungewöhnlich die Show werden würde zeigten Tänzer bei ihren letzten Proben kurz vor Beginn. So kamen zum Opener „Into The Night“ neben den Musikern noch weitere Akteure auf die Bühne und lieferten phantastische Showelemente.

Das Großartige an den Tunesiern ist, dass sie das gar nicht nötig hätten, alles aufzufahren. Ihr Stil ist auch so sehr außergewöhnlich, entführen uns die Melodien, die weniger dem Power Metal entstammen in 1001 Nacht. Für diese Note sorgte vor allem Keyboarder Kévin Codfert, der aus seinen Synths die Schleier herausholte, die sich um die Zuschauer legten. Einmal wagte er sich mit einer halbrunden Keytar von seinem Podest auf der rechten Seite herunter, nicht das einzige was man so noch nicht gesehen hatte im Laufe des Auftritts.

Zudem harmonierte er gut mit Gitarrist Malek Ben Arbia, solche Parts wirken oft wie Fremdkörper. Der Sechsaiter brillierte mit feinen Riffs, die immer auch progressive Nuancen offenbarten, während die Soli zurückhaltender ausfielen, um die Atmosphäre nicht zu zerstören. Seine Spielfreude war ihm stets anzusehen, wie sein Frontmann hatte er immer ein Lächeln auf den Lippen.
In Sachen Bewegungsdrang wurde er immer wieder von den Showakteuren ausgebremst und musste mit Bassist Anis Jouini auf den Riser hinten in der Mitte ausweichen, wo die beiden gemeinsam posten. Zaher Zorgati fand immer eine Lücke, um mit seiner klaren kraftvollen Stimme und seinem Charisma zu glänzen. Seine Melodien zündeten sofort, selbst bei bislang unbekannten Songs wie „Heroes“ oder Auszügen aus „Shehili“ wie „Dance“.
Die Eingängigkeit, die sich gegen all die Exotik, Härte und Komplexität durchsetzen konnte war beindruckend, ein gewisser rockiger Drive schadete dabei nicht. Am Ende konnte Zorgati der Menge sogar einen Kanongesang beibringen, indem er diese in zwei Hälften teilte, die jeweils andere Parts sangen. Daran hatte Sölvesborg so viel Spaß, dass „Believer“ nach Ende des Sets weiter intonierte, ein Zeichen was für einen Triumphzug der Gig darstellte.

Das lag natürlich auch an dem ganzen Drumherum, das grandiose Schauwerte lieferte. Schon zu Beginn waren Tänzer in historischen maurischen Kostümen ähnlich der Band unterwegs. Ihre ausgefeilten Choregraphien unterstrichen die Atmosphäre der Musik. Bei ein paar Melodien schwebte eine aufwändige gekleidete Backgroundsängerin vom Riser herab. Am beindruckendsten waren allerdings die Krieger in ihren Masken, die neben Schaukämpfen eine fantastische Feuershow ablieferten.
Ob nur die beidseitig brennenden Lanzen gedreht, Funken aus geschwenkten Fackeln regnen lassen oder Feuer gespukt wurde, sie waren auf dem selben hohen künstlerischen Niveau wie die Musiker. Bei „Beyond The Stars“ sprühten dann die beiden Enden der Lanzen ebenfalls Funken, die wild herum gewirbelt wurden und magische Kreise in die einsetzende Dämmerung zogen. MYRATH boten ein Fest für alle Sinne und wurden zu Recht komplett abgefeiert. Eine große Entdeckung, die nun schleunigst auch im Studio nachlegen sollte, da ist Potential für ganz nach oben.

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DEEP PURPLE (Festival Stage)
Ganz oben war diese Legende auch einst, mittlerweile konsolidiert man sich im Geschäft und baut auf die eigene Historie. Unter Headliner wird trotzdem nicht auf die Bühne gegangen und so hatten die Briten die beste Position des Abends. Personell rotierte es wieder ein wenig, was sich schon bei der letzten Show, die ich gesehen hatte, abzeichnete wurde wenige Wochen später Gewissheit, Simon McBride ersetzt Steve Morse dauerhaft. Man kann viel darüber diskutieren, ob das noch Sinn macht, nicht diskutieren kann man über den Fakt, dass er den alten Kollegen einen Frischekick verpasste.

Technisch mag Morse brillant gewesen sein, aber hier ist mehr Power, mehr Rock vorhanden, etwas mehr Rotz als der permanent freundliche Steve. Breitbeinig übernahm der Schotte den Platz im Rampenlicht und riss das Geschehen an sich. Von Ton wieder etwas bluesiger, dafür schärfer in den Kanten rockte der Mann nach vorne. Dabei machte er bei seinen Rundgängen über die Bühne bei allen Mitmusikern Station, speziell Roger Glover ließ sich vom ihm anstecken und war auf der linken Seite agil.
Spielerisch gab es ebenso nichts zu bemängeln, direkt beim Opener brachte er eines der Signature-Soli und konnte vollends zufrieden stellen. Überraschenderweise setzte er bei seinem Solospot später auf sphärische Töne, die gut zum von ELP popularisierten Traditional stammten. Hier offenbarte sich die gute Harmonie mit Tastenvirtuose Don Airey, die beiden duellierten sich wie einst der gute Ritchie und Jon Lord, schienen sich gegenseitig anzustacheln.

Der Kurzweil-Endorser hat sich seinen Platz in der Band geschaffen, ums ich voll ausleben zu können, bei manchen Track war der Fokus viel auf ihm. Beim großen Solo arrangierte er viel mit Loops, wodurch er seine Hände für Späße und weitere Töne frei hatte. Begonnen wurde wie üblich mit dem Intro von „Mr. Crowley“, welches er einst für OZZY OSBOURNE einspielte, in der Folge wurde quer durch alle Stile gewechselt, immer wieder blitzten bekannte Klassik-Zitate auf , bevor es dann mit viel Orgeleinsatz in den Titelsong des 84er Comebacks überging. Jene Hammond ließ er die ganze Zeit ordentlich röhren, was ihm sichtbar Freude bereite.

Ia Gillan hingegen hatte als Sänger am meisten mit Alterserscheinungen zu kämpfen. Ob nun die grauen Haare deswegen etwas länger sind lässt sich schwer sagen, aber auch des nach hinten gelen ließ ihn jünger wirken. Es war nicht zu übersehen, wie er sich anstrengen musste, um genug Druck uf die Lungen zu bekommen. Für fast achtzig Jahre immer noch eine passable Vorstellung, zumal seine Stimmfärbung noch wie vor diesen unverwechselbaren Charakter hat.
Besser verzichtet hätten die Bildregisseure auf Close-Ups auf den Leinwänden, die Hand in der Gillan das Mikro hielt zitterte die ganze Zeit. Umso schöner, dass er all das auf sich nahm, um für sein Publikum da zu sein. Wenn bei irgendeiner Band mal wer im Sarg von der Bühne getragen wird, hier wäre ein heißer Kandidat. Wie er dann die Ballade, welche einst von „Machine Head“ gekippt wurde darbot war Gänsehautkino. Er schien mitzuleiden, fühlte jeden Ton, fast war es als stünden Tränen in seinen Augen, wo er nicht der einzige gewesen sein dürfte.

Hinten rührte Ian Paice die Kessel als schienen an ihm all die ganzen Jahre spurlos vorüber gegangen zu sein. Selbst die jazzigsten Breaks meisterte er mit Bravour, die Arme rotierten über das Kit. Diese Band trotzt dem Verschleiß in bewundernswerter Weise, Rhythmuspartner Glover hatte beim Basssolo in der Zugabe so viel Freude, schlurfte in seiner typischen leicht gebückten Haltung über die Bretter. Den Klassiker können sie sich nicht verkneifen, bis auf ganz weniger Nummern sind das alles Tafelsilber.
Davon hat DEEP PURPLE so viel, dass sie auf „Strange Kind Of Women“ oder „Fireball“ verzichten konnte. „Speed King“ war ebenso vermisst, der Beitrag auf „In Rock2 war indes nicht unbedingt zu erwarten und wurde dankbar angenommen, der Auszug aus „The Battle Rages On“ begeisterte schon im letzten Jahr. Am Ende des regulären Sets kam natürlich die Überhymne, deren Riff jeder gekannt haben durfte, die neun Worte des Refrains ebenso. Die Zuschauerchöre dürften weit raus auf das Meer gehallt haben.

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Setlist DEEP PURPLE:
Highway Star
Pictures Of Home
No Need To Shout
Into The Fire
  -Guitarsolo-
Uncommon Man
Lazy
When A Blindman Cries
Anya
  -Keyboardsolo-
Perfect Strangers
Space Truckin´
Smoke On The Water
-------------------------------
Hush
  -Basssolo-
Black Night

EUROPE (Rock Stage)
Waren wir eben bei der Mutter aller Riffs, so stand nun die Mutter aller Synthesizerfanfaren an. Beide Lieder gehören zu den absoluten Rockevergreens, zu den wohl bekanntesten Hits aller Zeiten. Und das wurde am Ende ebenso von wirklich allen mitgesungen, das dazu noch im Hüpfen, dass die ganze Norje Bucht wackelte. Zuvor lieferten die einstigen Teenie-Idole ein fulminantes Set, bei dem sie auch mit einem Stück vom letzten Album einsteigen konnten. Wie schon bei den Rock Meets Classic-Konzerten von Joey Tempest erwies sich dessen opulente Wucht als idealer Opener.

Nur um in der Folge direkt mit zwei Singalongträchtigen Titeln nachzulegen, die auf das vorbereiteten was kommen sollte. Den Knaller vom Debüt hat man lange im Set vermisst, der erste „The Final Countdown“-Beitrag kam überraschend früh. Beide belegten, dass das Publikum selbst um halb zwölf nach einem anstrengenden, warmen Tag noch nicht müde war. Joey Tempest forderte die Zuschauer, und die folgten nur bereitwillig, wobei beide Tunes völlig andere Melodien von ihnen verlangten. Danach schaltete man noch einen Gang höher und beglückte die Headbanger mit dem Hammer aus der Frühphase.

Ein Wunder war es nicht, wie sehr der Sänger die Masse im Griff hatte, noch heute verfügt er über ein unglaubliches Charisma, mit dem er jede Menge zu nehmen weiß. Sein sympathisches Auftreten, seine Energie, sein Strahlelächeln, sein leichtfüßiges Tänzeln über die Bühne, das Jonglieren mit dem Mikroständer, alles noch wie zu erfolgreichsten Zeiten, als sie ständig vor so großen Mengen spielten.
Dazu der Draht zum Publikum, welches er mit seinem Charme um den Finger zu wickeln wusste. Der geborene Frontmann, der nicht nur mit jedem Zuschauer, sondern auch mit jedem Fotografen einzeln flirtete. Man muss den guten Joey einfach lieben, denn er liebt seine Fans, das Rampenlicht und er liebt die Kamera. Unbestrittener Mittelpunkt, ohne sich allzu sehr aufzudrängen, die pure Passion.

Passioniert ging auch sein bester Freund John Norum zu Werke, der seinem Idol GARY MOORE immer ähnlicher wird, und trotz ein paar Kilos mehr als noch vor ein paar Jahren sehr agil war. Immer schön tief in der Hocke bei den krachenden Riffs und die Gitarre gen Auditorium gerichtet trieb er die Songs voran, dabei waren viele Arrangements spärlich, und gerade deswegen so effektiv. Wenn er dann zu seinen Soli ansetzte, stellten sich alle Haare, diesen warmen, weichen, leicht melancholischen Ton bringt er live genauso beseelt rüber wie auf Platte. Bei denen schien er seinen Sechssaiter fast zu umarmen, ging völlig darin auf.

Klanglich perfekt mit Mic Michaeli eingespielt, dessen Ton zwischen Orgel und Synths ebenso typisch war, was den Zauber der Band ausmacht. Im Soundgewand wurde er sehr präsent heraus gemischt, das Wechselspiel, gerade bei den „Out Of This World“-Nummern erzeugte eine unglaubliche Spannung. Optisch fiel er kaum auf, versteckte sich etwas hinter seiner Mütze, anders als John Levén auf ihrer linken Seite.
Jener suchte auch den Kontakt zu Zuschauern und Mitmusikern gleichermaßen, schritt die Bühne konsequent ab, obwohl er schon einen Gig in den Knochen hatte. Hatte er einen seiner Kollegen gefunden, so poste er herrlich lässig, gerne hinten bei Ian Haugland am Drumriser. Wo Tempest für den Kontakt zuständig war, gab er den Spaßvogel, der schon alleine durch seine Mimik auffiel.

Natürlich gab es vor allem Hits, was sich auf der Herbsttour zum kommenden Longplayer ändern dürfte. Ein paar Sachen kamen von den Scheiben nach der Reunion, wobei leider das großartige „Bag Of Bones“ außen vor blieb. Dafür wurde tief in der Kiste gekramt, vom 86-Überflieger kam neben den vier obligatorischen Pflichtsongs noch ein weiterer, was den Verfasser der Zeilen schon völlig ausrasten ließ. Als dann noch das Backdrop von „Wings Of Tomorrow“ dessen Opener ankündigte, war er völlig von den Socken.
Als wäre es nicht an Hits genug wurde in den Opener von „Out Of This World“ noch „Here I Go Again“ von WHITESNAKE eingebunden. Selbstverständlich vom Publikum genauso abgefeiert, schließlich ebenso eine Hymne aus der Ära, die viele in wunderbarer Erinnerung haben. Sölvesborg sprang, Sölvesborg sang, die Stimmung erreichte den Siedepunkt. Eine brillant sicher agierende Band rockte alles in Grund und Boden, ein einziger Triumphzug in der Heimat, der mit dem Welthit auf die Spitze getrieben wurde.

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Setlist EUROPE:
Walk The Earth
Seven Doors Hotel
Rock The Night
Screa Of Anger
Last Look At Eden
Carrie
Love Is Not The Enemy
Heart Of Stone
War Of Kings
Sign Of The Times
Stormwind
Ready Or Not
Superstitious
--------------------------------
Cherokee
The Final Countdown

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