COVEN - Kassel
Konzert vom 09.11.2022,
Support: IRON WALRUS
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COVEN
IRON WALRUS
Black Sabbath in der Goldgrube? Mitnichten! Obschon das Hauptstück des COVEN-Klassikeralbums der bereits seit den Endsechzigern bestehenden Okkultrockband COVEN so heißt, doch bis die von Jinx Dawson 1967 gegründete Legende auftritt, dürfen zunächst die Osnabrücker Sludge-Doomer IRON WALRUS Kostrproben ihres Könnens geben. Drei Alben haben sie bereits auf dem Sludge-Doom-Sektor veröffentlicht, was schon etwas heißt. Im Rahmen der noch laufenden The Magickal Chaos Tour 2022 macht die von Sängerin Jinx Dawson gegründete Okkultrock-Legende in der Goldgrube halt. Vergleichsweise zu anderen Events ist die Location heute abend kaum gefüllt, was damit zusammen hängt, dass die Sludge-Doomer IRON WALRUS dem Großteil der Besucher noch unbekannt sind, zumal beißend schleppender Sludge-Doom Metal mit Noise Bestandteilen inklusive siedend heißen Lavagitarrenströmen ein spezielles in Kassel rar gesätes Fanklientel anzieht, zum anderen COVEN für Leute geeignet sind, die auf klassischen Psychedelic Hard Rock und BluesRock n' Roll können.
Dass eine ungefähr taxierte Mischung aus ST. VITUS, UNSANE, GOATSNAKE, EYE HATE GOD oder QUICKSAND nicht unbedingt eines jeden Sache ist, zeigt sich an der geringen Besucherresonanz zu früher Abendstunde gegen 20:30 Uhr. IRON WALRUS haben den Support-Slot für die Tour mit COVEN erhalten. Die aus Bands wie DAMPFMASCHINE, BROTHER LOVE KAIN, AGGRESSIVE AGE, ATOMIC PEAT, PANZERHÖLLE und GOOD WITCH OF THE SOUTH bestehende Sludge-Doomcombo liefert den Beweis, das nicht nur Länder wie die USA, Griechenland, Italien und Skandinavien zu den Sludge-Doom-Hochburgen zählen, aus denen tonnenschwer auf die Rübe hauender Gitarrensound kommt. Das IRON WALRUS auf dem schleppenden Rumpelsektor kein unbekanntes Blatt sind, zeigen drei schon veröffentlichte Alben der seit 2013 aktiven Osnabrücker. Das Licht geht aus, die Luft knistert, noch bevor das erste schwere Gitarrenriff laut durch's Ambiente hallt.
IRON WALRUS
Etwa um die 20 – 30 Besucher sind im Saal vor der Bühne, deren Anzahl im Laufe der Spielzeit mehr und mehr zunimmt. Fronthüne Sven „Aufi“ Aufermann dessen ausdrucksstarkes Organ tief durchs Ambiente hallt, überragt seine fleißig an den Gitarren um die Wette posende Bandkollegschaft um mindestens einen Kopf. Die ersten drei Songs der Niedersachsen klingen fast gleich, plätschern zunächst vor sich hin, es tut sich noch nicht allzu viel. Ab „Dead Spot“ geht‘s dann richtig ins Eingemachte, die eisernen Walrösser ziehen das Tempo an. Der Aufforderung, näher an die Bühne heran zu treten, leistet das Publikum Folge. Sänger Sven ausgenommen, tragen alle Bandmitglieder Walroßmasken. Die Leadsoli der zwei links und rechts am Bühnenrand stehenden Gitarristen sind eine Klasse für sich, ein wuchtiges Schlagzeug und pumpender Bass komplettieren das Gesamtbild des fleißig mit den Gitarristen um die Wette posenden Bassisten.
Der Groove wird massiver, das Tempo flotter im Publikum tut sich allmählich mehr und es sind tatsächlich einige darunter, die mit der Musik von IRON WALRUS etwas anzufangen wissen. Walzen wie „Take Care“, „Under My Skin“ oder „Blessed“ werden allmänlich mit jedem Takt besser, Band und Publikum wach, der Aktivitätsradius im Saal nimmt ab Hälfte vom Gig entscheidend zu, vereinzeltes Headbanging und Fäuste werden in die Luft gereckt.
Schade, dass die vierzig Minuten so schnell vorüberzogen, das kleine sich im Gigverlauf zunehmend besser auf IRON WALRUS eingeschossene Publikum hätte gern mehr davon gehabt. IRON WALRUS werden am Ende mit kräftigem Applaus verabschiedet.
Am Rande notiert...
Nach dem schwer doomgroovenden Auftakt wird es Zeit für Getränke, Cola und Alkoholfreies müssen sein. In der Umbaupause wird ein Sarg durch den schmalen Gang auf die Bühne transportiert. Trotz interessanter Bühnendeko dauert der Aufbau nicht allzu lange. Nach kurzer Umbaupause ist es soweit. Nebel und ein horrormässiges Intro läuten zur schwarzen Messe. Prompt füllt sich der Saal.
Schon bevor COVEN auf der Bühne stehen, herrscht ordentlich Betrieb am kleinen Merchstand, immerhin gibt es eine so nicht eine seltene Auswahl an Gegenständen. T-Shirts, Patches, Buttons und Vinyl-Tonträger und sogar eine hochwertig aufgemachte Box in Schwarz mit goldenen Lettern in Sonderauflage wechseln ihre Besitzer. Autogramme gibt’s keine, dafür jede Menge selten erhältliches Merch. Allein die Tatsache, dass außer BLACK SABBATH, BLACK WIDOW oder KING DIAMOND von COVEN inspiriert wurden, sondern auch als wichtiger zumal stilprägender Einfluss für MERCYFUL FATE und THE DEVILS BLOOD sowie extreme Death/Black Metal-Kaliber wie BEHEMOTH oder DECEIDE gelten, zeigt welch enormen Status COVEN heute mehr denn je in der Härtnerszene haben.
COVEN
Die Begründer des Okkult-Rocks werden sehnsüchtigst von ihrer Jüngerschaft erwartet, es ist etwa gegen 21:30 Uhr. Der Saal füllt sich nun um einiges mehr, so dass auch der Veranstalter hinsichtlich Besucherzahlen zumindest noch zufrieden stellende Bilanz ziehen kann. Bevor die Show beginnt, steht eine in Robe verhüllte schwarz angezogene Gestalt im Sarg auf dem ein umgekehrtes Kreuz prangt, deren blondes Haar nach Unten hängt, ehe sich langsam die Kapuze öffnet, dann steigt die Gestalt aus dem Sarg. Es ist Sängerin Jinx Dawson, die nach wenigen Minuten den Rosenkranz mit umgekehrtem Kreuz um den Hals tragend ihre Fans begrüßt. Die Luft ist elektrisch aufgeheizt, Magie liegt in der Luft... Verborgen hinter ihrer eisernen aus Nieten bestehenden Maske baut die okkulte Hohe Priesterin des Düsteren Hard Rock zunächst symbolisch die Hände gefaltet einen Energiekegel auf und verteilt die Luft mit einem kräftigen Pusten im Äther des Raumes. Wofür diese Anrufung wohl gewesen sein mag? Möglicherweise für den Schutz vor dem Covid 19 Virus? Obwohl DIO häufig als derjenige erwähnt wird, dem die Hard Rock/Heavy Metalszene das Mano Cornuta Symbol: die Gehörnte Hand verdankt, weil er es populär = gesellschaftsfähig machte, gab es eine Band, die wesentlich früher ehe DIO geboren war, das Zeichen fest im Repertoire hatte, - COVEN! Wer das Album 'Witchcraft, destroys Minds and Reaps Souls' von 1969 die Geburt des Okkult-Rocks gilt, kennt, weiß Bescheid. COVEN waren die Urheber, KISS-Zunge Gene Simmons, der statt Mano Cornuta Symbol fälschlicherweise die I Love You-Geste patentieren lassen wollte, im Irrtum. DIO hat es letztendlich popularisiert!
Etwa gegen 21:30 wird’s dunkel. Im Saal gehen die Lichter gehen aus... prickelnde Spannung herrscht im Raum, ein gemischtes Publikum bestehend aus Kuttenträgerschaft, Düsterheimern, Heiden, seltsame Gestalten in obskurer Gewandung, Nachtgespenstern diverser Art sowie manch Neugieriger werden wie unter magischen Bann stehend zur Bühne gezogen. Alle bleiben ruhig, harren geduldig der Dinge, die kommen, bis das Intro vom Band erklingt. Gequälte Schreie, gehässig-boshaft schaurig psychopathisches Gelächter setzt ein... Nach Verklingen der majestätischen Introsequenz schlägt „Out Of Luck“ vom 2014er Soloalbum Jinx tonnenschwer bedrohlich durch den Raum dröhnende Doom-Riffs an, ehe kräftig am Temporad gedreht wird und zügig flotter Rock n' Roll-Takt dominiert. Eingangs erwähnte auf 3 Minuten gedehnte schwarze Messe („Black Sabbath“) kommt unerwartet früh als zweiter Song von insgesamt 13. Zufall oder Magie? Umgeben von düsterer Sphärenlastigkeit löst das Stück Spannung im Saal aus, womit klar gestellt ist, von wem BLACK SABBATH ihren Bandnamen haben. Gitarrist Chris Wild tobt sich exzessiv nach allen Regeln der Kunst an der Sechssaitigen aus. Das sechsköpfige Ensemble bestehend aus: Esther 'Jinx' Dawson (Gesang), Alex Kercheval (Keyboards), Chris Wild (Gitarre), Wade Parish, (Drums), Chris Owens (Bass) und Christopher Turmond (Gitarre).
Vergleichsweise zu vergangenen End60er-Mid70er-Zeiten hat das Material mit zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass gegenwärtig deutlich an Kraft, Energie, Härte und Explosivität gewonnen. Die HohenPriesterin ist in ihrem Element, wirkt wie als käme sie aus einer anderen Welt, zieht das Publikum geradezu in ihren Bann. Eine geheimnisvoll kribbelnd unnahbar einzigartige Aura umgibt COVEN wie auf dem Hammer of Doom, nur in kleinerem Rahmen auch in Kassel. In der Goldgrube wird’s zeitweise mucksmäuschenstill, niemand will etwas verpassen. Okkult-Hohepriesterin Jinx Dawson gibt sich mystisch. In jederzeit glaubhaft würdevoller Präsenz strahlt die Grand Lady des Okkult Rocks genau das, was sie tut, in jeder Form und aller Hinsicht aus, wirkt mit ihren 72 Jahren geradezu vorbildlich vital. Würde man es nicht wissen, läge ihr geschätztes Alter etwa bei Mitte Fünfzig. Zwischenzeitlich des Öfteren soviel knisterndes Psychedelic Flair á lá BLUE ÖYSTER CULT-Flair in der Luft, dass durchweg fesselt, unabhängig ob es nun atmosphärisch wird oder eine Rauschrockorgie folgt, („The White Witch Of Rose Hall“, „Dignitaries Of Hell“, „Black Swan“, „Epitaph“), daran wird ersichtlich, wer Pate für BLUE ÖYSTER CULT, einer zu den wichtigsten bis heute stilprägensten 70er Classic Hard Rock-Heroen zählenden Institutionen stand: - COVEN!
Jeder Song wird regelrecht zelebriert, HohenPriesterin Jinx drängt sich erst gar nicht zur Eile, Hektik gehört nicht ins Programm. sie agiert mit Ruhe und Übersicht. Sie ist die Königin des Okkulten, Geheimnisvollen und der Nacht, die ihr Publikum auf Bizarres, Horror und Grusel an dunklen Orten einstimmt. Den Hauptschwerpunkt bilden sieben Stücke vom Klassikeralbum „Witchcraft destroys minds, and reaps souls,“ mit denen alle anderen sechs fließend harmonieren. Jinx strahlt innere Gelassenheit aus, nichts wird übereilt getan, jede Handlung wie auch immer sie geartet sei, wirkt exakt einstudiert, nichts geschieht ohne Bedeutung. Jinx wendet sich die silberne Eisenmaske auf dem Gesicht, dem Publikum zu, reicht etwa fünf Leuten, wobei sie darauf achtet, bei wem sie das tut, ihre Hand. Das Publikum tritt nahe zur Bühne, alle wollen etwas mitbekommen, teilhaben an dem, was sich die nächsten 90 Minuten tut, gefesselt vom Spektakel auf den Brettern der Goldgrube. Faszination des Unbegreiflich dunklen mit souverän ihr Publikum leitender Dirigentin, die ihr Metier in und auswendig kennt. - Magie pur!
Spätestens mit „Coven in Charing Cross“ folgt eine weitere von tanzbaren Hard Rock n' Roll Rhythmen umrahmte Düstermesse, die von rituellen Sprechparts und psychedelischen Rockelementen begleitet wird. Ein von schnellen Rhythmen dominiertes „Wicked Woman“ schließt sich nahtlos an, „Crematory“ mit der Ansage „The Witch is not Dead!“hält sie demonstrativ den Totenschädel in die Höhe. Glockenschläge und Orgelklänge begleiten den von exzessiv gespenstischer Atmosphäre flankierten Song. „Choke, Thirst, Die“ kommt mit dem druckvollen Hard Rocksound heutiger Tage wesentlich boshafter als zur Entstehungszeit aus den Verstärkern. Als nächstes folgt die Zauberspruchauszeit der „Chant Break“, das ebenfalls schaurige Parallelen zu BLUE ÖYSTER CULT aufwerfende Black Swan“ schließt sich an. Ihren hippiesken Touch der auf Kaskaden tanzbar fließender Grooves fußender Kulthippieformationen wie JEFFERSON AIRPLANE baut, haben sich COVEN beibehalten. In Verbindung zu klassischem Rock n' Roll Hard Rock, Proto Metal und Blues ergibt sich einehochgradig explosiv spannende Mischung. Jinx Dawson mit Totenschädel, in Pestmaske mit Laterne in der Hand oder leuchtende Kristallkugel in der Hand haltend, konzentriert sich auf den Gegenstand vor ihr. Dies alles wirkt passend zu den Texten der Okkultrock-Pioniere absolut authentisch wie ein beschwörendes Ritual. Gitarrist Chris Wild stellt die gesamte Band vor, ehe das Schlußfinale folgt.
„Dignitaries Of Hell“ treibt die Emotionen im Saal nach oben. Rotzräudig heftig zur Sache geht’s beim treibend aggressiven Feuerwerk „F.U.C.K.“, "Epitaph" erzeugt mit hektischen Drumbeats knisternde Atmosphäre die sich mit dramaturgischem Hardrock und beschwingtem Hippierock mischt. Für gelungenen Abgang einer faszinierenden tanzbare Rhythmen mit Okkult-Flair verbindenden Show sorgt „Blood On The Snow“, der Titeltrack vom gleichnamigen vierten Album der Okkultrocklegende. Am Ende postiert sich der Zirkel in Reihe und verneigt sich vor begeisterter Fanmeute. Das waren COVEN, - und es hat in allen Belangen amtlich gerockt!
Abschließend bemerkt:
Auch wenn COVEN zwar nicht als Heavy Metal-Gründerväter gelten, dafür ist der Okkultrockurschmiede vielzuviel Classic Hard Rock n‘ Roll-Tradition und schrulliger Psychedelic-Kauz-Hippie Touch zu eigen, gilt folgende sich nach allen Seiten drehen lassende Formel: Ohne COVEN kein BLACK SABBATH oder kein BLACK SABBATH ohne COVEN..!
Nach dem Gig schlendert ein glückliches Publikum nach Hause... diese Messe hat sich gelohnt, sie wurde in allen dreizehn Akten gelesen! Mehr kann und darf von einer solchen Ausnahmeerscheinung im Genre wie es nicht nur Jinx Dawson sondern ihre gesamte Band ist, erwartet werden. Keiner wurde wirklich enttäuscht.
Ein dickes Lob geht von meiner Seite an Markus & die Moshpit-Crew nach Kassel. Dieses kauzige Okkult Hardrock-Urgestein direkt auf kleiner Bühne vor Augen zu erleben, wozu sonst eigentlich nie Gelegenheit besteht, ist etwas ganz besonderes. So nahe kommt man Coven einschließlich der Gründerin des Spät60er Okkultrock Jinx Dawson im Regelfall nicht. Nach berauschendem Grusel-Rock n' Roll-Spektakel treten wir mehr als zufrieden unseren Heimweg an. Selbst wenn die Okkultrock-Ikone-COVEN Freitag den 18.11.2022 als HAMMER OF DOOM-Headliner gastieren, bleibt vor allem deswegen umso mehr festzuhalten: Eine solche Gelegenheit COVEN so hautnah live zu erleben, kommt nicht alle Tage.