GHOST - Skeletá

04 ghost

VÖ: 25.04.2025
(Loma Vista Recordings/Concorde)

Genre: Occult/Hard Rock

Homepage:
GHOST

Logisch war der Rock´n´Roll noch nie und mitunter schlägt er ganz schöne Haken des Schicksals. Als BLUE ÖYSTER CULT anfingen kommerzieller und kompakter zu agieren verloren sie an Relevanz. Nun sind GHOST anfangs nahe an den Kultrockern gewesen, aber als sie den selben Weg einschlugen ging der Plan plötzlich voll auf und heute füllen sie Hallen und headlinen Festivals. Drei Jahre nach „Impera“ steht nun mit „Skeletá“ der Nachfolger in den Läden und man darf gespannt sein, wie sie ihre Formel weiter weiterentwickeln.
Wobei Schweden ohnehin ein Phänomen ist, denn kein anderes Land der Erde verfügt über eine so hohe Dichte an erfolgreichen Rock – und Popbands. Derzeit beherrschen sie nicht nur die Okkult-Hardrocker die Metalszene, sondern auch AMON AMARTH, IN FLAMES oder SABATON und auf den Plätzen dahinter sieht es ebenso gut aus. Ob es wirklich nur an der Kulturförderung des skandinavischen Landes liegt ist schwer zu sagen. Beim Blick auf die Geschichte erkennt man schon ein gutes Händchen für Songwriting.

Das scheint auch Tobias Forge zu haben, denn die bisherigen Alben seines Projektes, das er als Papa Emeritus anführt sind vollgepackt mit Hits. Wobei man dieses Mal etwas zurück schraubt und nicht mehr so direkt zu Werke geht wie etwa in „Spillways“ oder opulent in „Dance Macabre“. Das Subtile hält wieder mehr Einzug, das getragene Element, dass die Flügel unter den Kompositionen ausbreitet anstatt sie voran zu treiben. Am ehesten tendiert die Grundausrichtung der neuen Langrille zu „Meliora“, welches auch im Set der laufenden Tour sehr prominent vertreten ist. Einzig „Umbra“ nimmt den Drive der beiden letzten Scheiben auf, nach verhaltenem Auftakt läuft der Chorus vom Piano flankiert nach vorne.

Was aber sofort deutlich wird, dass man keinen Deut von der Anziehungskraft verloren hat, die sich aus dem bittersüßen Kontrast zwischen Popappeal und düsterem Charme speist. „Lachryma“ ist so ein Kandidat, der unverhohlen schwere, doomige Riffs über AOR-Synthfanfaren jagt. Noch genialer bei „Missilia Amori“, das mit dem englischen Refrain „Love Rockets“ den Humor der Band offenlegt, zu dem traumhafte Leads gen Himmel steigen. So wurden die Titel schon auf besagtem dritten Album in Szene gesetzt und erfahren hier noch mehr Tiefenschärfe. Was daher rührt, dass einerseits die typischen knalligen Melodic Rock-Arrangements bemüht werden, aber im Kontext mit dem ureigenen Groove anders verwendet werden.

GHOST schaffen es die dicksten Chöre nicht plakativ klingen zu lassen, alles irgendwie nie komplett losgelassen, was eben diese Atmosphäre erzeugt, nachzuhören mit „Marks Of The Evil One“. Oder wie ein rock´n´rolliges Riff zwischen W.A.S.P. und REO SPEEDWAGON in „Cenotaph“ die einschmeichelnden Auflösungen kontert. Da sind so viele kleine Details, die sich verstecken und das Abdriften in den Kitsch verhindern, und sich dennoch so in den Gehörgängen verankern. Irre wie sich im Soloteil von des bereits erwähnten „Umbra“ Orgel und bluesige Licks duellieren, dass man sich an DEEP PURPLE erinnert fühlt. Und „Guiding Lights“ bietet im Spannungsfeld aus Gothic-Epos und Pianoballade das ganz große Gefühlskino mit seinen prächtigen Melodien.

All die kleinen Details sind jedoch vollkommen in den mittlerweile komplett geschlossenen Gesamtsound eingebettet, dass man sie erst gar nicht entdeckt und nach und nach unter den alles bestimmenden Melodiebogen auftauchen. Dabei ist die Produktion keineswegs komprimiert, sondern kommt sehr dynamisch daher, was eigentlich ein Widerspruch ist. Das Geheimnis liegt in den seit dem Debüt vorhandenen unterschwelligen psychedelischen Anleihen, welche für diese wie durch einen Schleier scheinende, eben geisterhafte Sphrärik sorgen.
GHOST verstehen es, die Parameter komplett rumzudrehen, wo man anderen Verwässerung unterstellen würde gewinnen die Titel extrem an Dichte. Dafür betören die Melodien sofort, auch wenn diese nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen und sehr umspielt werden. Und so abgeschliffen die Widerhaken auch wirken, sie verfehlen ihre Wirkung nicht. Beim sechsten Longplay-Format findet die Rezeptur ihre Vollendung, da wo andere anfangen zu schwächeln. Nebenbei ohne Instrumentals das songdienlichste Werk, gerade weil es ohne alles Über-Hit noch homogener wirkt.

8,5/10